Eltern retten das Leben ihres Kindes durch eine Party
Erste-Hilfe-Format des DRK-Kreisverbandes Verden hoch effektiv
„Mit unserem Format Erste-Hilfe-Party gehen wir ins siebte Jahr. Im Jahr 2018 haben wir dieses
Format ganz bewusst so getauft, weil wir damit unmissverständlich zum Ausdruck bringen
wollten, dass es sich dabei um den anderen Erste-Hilfe-Kurs handelt. Nämlich, um einen Kurs,
dessen Lerninhalt allein der Gastgeber bestimmt, der auch für das entsprechende Drumherum
nach seinen Vorstelllungen sorgt. Ein Erste-Hilfe-Kurs, der auf individuelle Bedürfnisse
zugeschnitten ist und einen Rahmen für sehr persönliche Fragen bietet. Und wenn es dann
tatsächlich ein Prosecco sein muss, um locker zu werden, dann ist das völlig o.k., wenn am Ende
ein gutes Ergebnis in der Form steht, dass wir notfalls sogar das Wissen für die Rettung eines
Menschenlebens vermittelt haben. Ende letzten Jahres mussten Eltern ihre in einer Erste-HilfeParty vermittelte Routine einsetzen, um ihr knapp einjähriges Kind erfolgreich zu reanimieren.
Das sind Geschichten, die einem unter die Haut gehen.“, erklärt Dirk Westermann,
Geschäftsführer DRK Kreisverband Verden.
Ein krankes Baby, ein klinischer Erste-Hilfe-Kurs und offene Fragen
Familie J. aus der Gemeinde Langwedel durfte sich Ende 2023 über die Geburt ihres Sohnes M.
freuen, der 5 Wochen vor dem Entbindungstermin das Licht der Welt erblickte. Der kleine M.
machte den Ärzten leider Sorgen und musste die ersten 2 Wochen seines Lebens auf der
Intensivstation für Kinder verbringen. Weihnachten 2023 war die Familie dann erstmals zu
Hause vereint. Die Ärzte haben den Eltern mitgeteilt, dass die Erkrankung ihres Kindes mit den
Jahren vergeht, aber es bis dahin spontan und unvorhergesehen zu Problemen kommen kann,
die bis zum Herz-Kreislauf-Stillstand reichen. Entsprechend wurde die Familie zu Hause mit
Medizintechnik versorgt und hatte mit M. immer wieder Krankenhausaufenthalte, wenn sich sein
Zustand temporär verschlechterte. Aufgrund dessen mussten die Eltern in der Kinderklinik einen
speziellen Kurs absolvieren, um auf die Herz-Lungen-Wiederbelebung ihres Babys vorbereitet
zu sein. Dieser Kurs hat bei Familie J. eher das Gefühl von Unsicherheit und Angst ausgelöst, als
dass der Kurs psychologisch geholfen hätte. Aufgrund der Tatsache, dass Anna J. bereits vor der
Geburt ihres Sohnes mit den Müttern, Vätern und Kindern ihres Geburtsvorbereitungskurses
eine Erste-Hilfe-Party geplant hatte, lag darin die große Hoffnung, persönliche Fragen
beantwortet zu bekommen, um für die Situation fachlich und emotional gewappnet zu sein, die
der zweitschrecklichste Moment für Eltern ist.
Erste-Hilfe-Party im vertrauten Kreis und die Klärung persönlicher Fragen
Im Sommer 2024 fand mit allen Familien des Geburtsvorbereitungskurses im vertrauten Kreis
die Erste-Hilfe-Party statt. Als Vorbereitung auf den Kurs haben alle Eltern vorab Fragen an die
Erste-Hilfe-Ausbilder des Deutschen Roten Kreuzes geschickt, damit diese ausführlich und
fundiert beantwortet werden konnten und der praktisches Teil des Kurses entsprechend auf die
Fragen abgestimmt war. Ein Schwerpunkt war die Reanimation von Babys. Es wurden alle
Fragen der Eltern beantwortet und die praktischen Übungen solange durchgeführt, bis sich alle
Eltern sicher fühlten. „Ich war nach der Erste-Hilfe-Party emotional noch verunsicherter als nach
dem Kurs in der Klinik, weil mir durch die Beantwortung meiner Fragen bewusst wurde, welche
Verantwortung mein Mann und ich gegenüber unserem Kind haben, wenn es zu einem HerzKreislauf-Stillstand kommt. Auf der anderen Seite hat mir der Kurs genau das gegeben, was ich
mir erhofft habe. Wir haben große Sicherheit in der Ausübung der Baby-Reanimation erfahren,
um einfach nur zu funktionieren, wenn es dazu kommt. In Bezug auf die Erkrankung unsers
Sohnes habe ich sogar explizit die Frage gestellt, die im November 2024 tatsächlich dazu führte,
dass unser Sohn reanimationspflichtig wurde.“, berichtet Anna J.
Reanimation des eigenen Kindes wie im Tunnel
Ein Tag im November wie jeder andere. Die Familie J. hatte in Langwedel Besuch, der sich
gegen 18.00 Uhr verabschiedete, Weil M. offenbar müde war, legten die Eltern ihr Kind zum
Schlafen ins Bett. Nach kurzer Zeit war M. wieder wach. Er wollte nicht im Bett bleiben. Als er
daraufhin in den Laufstall gelegt wurde, fing er an zu weinen. Was dann passierte, war für
Familie J. wie ein Déjà Vu mit einem Horrorfilm. M. wurde zunächst an den Lippen und folglich
am gesamten Kopf blau. Er hörte auf zu atmen und war kurze Zeit später völlig leblos. Anna und
Marc J. funktionierten in dieser Situation im gedanklichen Tunnel und handelten exakt so, wie sie
es bei der Erste-Hilfe-Party gelernt haben. Während Marc J. den kleinen M. wiederbelebte, hat
Anna J. den Notruf abgesetzt und alles nach Anweisung der Rettungsleitstelle getan, damit der
Rettungsdienst sofort das Haus finden konnte. Als Anna J. wieder ins Wohnzimmer kam, hat M.
schon wieder geatmet. Durch Zufall war ein Rettungswagen in der Nähe, der sich dann um die
professionelle Versorgung des Kindes gekümmert hat. Der kleine M. wurde nach der
Versorgung im Rettungswagen in Begleitung eines Notarztes in die Kinderklinik transportiert.
Erste Hilfe gut – alles gut?
„Unsere Familiensituation ist nach wie vor angespannt, zumal es einen zweiten Vorfall bei M.
gab, der ähnlich dramatisch war. Dennoch kehrt immer mehr Ruhe ein, weil wir mit der Erfahrung
der beiden Ereignisse wissen, dass wir zu Hause gut aufgestellt sind. Eine ganz besondere Hilfe
ist uns dabei unsere Hebamme, die uns nach wie vor begleitet. Ich war schon immer von der
Wichtigkeit der Erste-Hilfe-Ausbildung überzeugt, weil ich bei meinem Arbeitgeber als
Ersthelferin im Betrieb eingesetzt werde und dort bereits tätig werden musste. In Bezug auf
eigene Kinder finde ich einen speziellen Erste-Hilfe-Kurs als eine verpflichtende Form der
Selbstverantwortung, der Eltern gerecht werden müssen. Kinder sind keine kleinen
Erwachsenen, sondern anatomische Besonderheiten. Wir investieren so viel Zeit in unsere
Kinder. Da darf es an einem Erste-Hilfe-Kurs für unsere Kinder nicht scheitern, um im Falle eines
Falles funktionieren zu können anstatt sich Vorwürfe machen zu müssen. Mit der Erfahrung, die
mein Mann und ich haben, darf ich das so feststellen und muss es dringend empfehlen.“, so
Anna J.