Wenn Eissel zur „Hallig“ wird
First Responder: DRK Kreisverband macht aus der Not eine Tugend
„Das Weihnachtshochwasser 2023, wie es namentlich vermutlich in die Geschichtsbücher eingehen wird, hat auch bei uns jede Menge Improvisationsvermögen erfordert. Es gab während des Hochwassers viele dynamische Lagen, die es spontan im Sinne der Bevölkerung zu lösen galt. Selbstverständlich werden die abgearbeiteten Lagen bei uns alle nachbereitet, um für ähnliche Ereignisse in der Zukunft, die richtigen Maßnahmen daraus abzuleiten. Wir müssen bewerten, welche Handlungen nachhaltig so effektiv waren, dass wir diese in einer Art Hochwasseralarmplan vorgeplant definieren, um sie bei Bedarf sofort umsetzen zu können. Eine Situation ist dabei sowohl intern als auch extern Dauerthema. Dabei geht es um den kleinen 300-Einwohner-Ort Eissel, der von den Einsatzkräften während des Hochwassers Hallig Eissel getauft wurde und vermutlich die spektakulärsten Bilder geliefert hat, was den Einsatz des Rettungsdienstes betrifft.“, resümiert Dirk Westermann, Geschäftsführer DRK Kreisverband Verden e.V.
Der Ort Eissel lief am 28. Dezember von allen Seiten so extrem mit Wasser zu, dass er rein optisch die Idylle einer Hallig erweckte. Von Idylle konnte in dieser Situation natürlich keine Rede sein, denn es galt nicht nur, Hab und Gut der Bewohner vor dem Hochwasser zu sichern, sondern viele anderen Probleme zu lösen. Der Ort war von der Außenwelt abgeschnitten. Für den Rettungsdienst stellte sich die dringende Frage, wie die Einsatzkräfte im Notfall mit ihren Rettungsmitteln rechtzeitig zum Patienten kommen. Für die herkömmlichen Einsatzfahrzeuge waren die überfluteten Straßen nicht mehr passierbar. Das Wasser stand zu hoch. Die Gefahr für Einsatzkräfte und Fahrzeuge, war nicht zu verantworten. Aus diesem Grund setzte die Leistelle des Landkreises Verden bei Bedarf einen medizinisch hochwertig ausgerüsteten Unimog des DRK Kreisverbandes Verden ein, der für solche Lagen gebaut ist. Mit dem Unimog konnte das Rettungsdienstpersonal die stark überfluteten Straßen nach Eissel sicher passieren. Damit war zwar die rettungsdienstliche Versorgung in Eissel gesichert, aber der DRK Kreisverband wollte auch erreichen, dass die Hilfe im Notfall schnell kommt und nicht mit allzu großer Verzögerung. Aus diesem Grund kam die Leitungsebene des DRK Kreisverbandes auf die Idee, einen in Eissel wohnhaften Mitarbeiter als First Responder einzusetzen. Jan Christof True erklärte sich sofort dazu bereit.
„Als ich gefragt wurde, ob ich in Eissel für die Zeit des Hochwassers als First Responder tätig werden könnte, habe ich sofort zugesagt. Bei 300 Einwohnern kennt man sich ja ohnehin. Dann ging alles ganz schnell. Ich erhielt in kürzester Zeit das wichtigste Equipment, was auch auf unseren Rettungsmitteln eingesetzt wird. Es fehlte an nichts. Alarmiert werden sollte ich von der Leitstelle des Landkreises, die meine Handynummer für einen Notfall in Eissel hinterlegt hat. Gut vorbereitet zu sein, ist im Rettungsdienst immer wichtig. Und so kam es, wie es kommen musste. Es kam in Eissel um 01.00 Uhr nachts tatsächlich zu einem Notfall. Die gesamte vorgeplante Rettungsmittelkette funktionierte perfekt. Angefangen von der Leistelle des Landkreises, die mich anrief. Ich machte mich sofort auf den Weg zum Notfallpatienten, um diesen zu versorgen. Dann kam der Unimog mit der Besatzung vom Rettungswagen samt Notarzt, um den von mir bereits voll versorgten Notfallpatienten zu übernehmen und ihn medizinisch betreut durch das Hochwasser zum Rettungswagen zu transportieren. Ab der Wasserkante übernahm dann der Rettungswagen den Transport und brachte den Patienten in Begleitung eines Notarztes in die nächst geeignete Klinik. Besonders gefreut habe ich mich über ein Dankeschön von der Ehefrau des Patienten, die sogleich berichten konnte, dass es ihrem Mann besser gehen würde.“, berichtet Jan Christof True, Mitarbeiter Rettungsdienst DRK Kreisverband Verden.
„Wie erwähnt, das sind für den Rettungsdienst natürlich spektakuläre Bilder, wenn eine eigentlich kurze und knackige Rettungsmittelkette derartig erweitert werden muss, weil es die Lage so notwendig macht. Umso bemerkenswerter, dass dann alles spontan so präzise geklappt hat. Man muss sich mal vorstellen, was allein die Leistelle des Landkreises Verden in so einer Situation knapp unterhalb der gesetzlichen Katastrophe für eine extrem hohe Anzahl an Einsätzen zu disponieren hat. Dass dann so ein spontan geplantes Szenario umgesetzt wird, zeigt, mit welcher Professionalität wir im Landkreis Verden arbeiten.“, so Dirk Westermann.